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27.02.2011

Diajetlekt


Nach einem 6+14 stündigen Flug mit gut frisierten Stewardessen, einer netten australischen Dänin als Sitznachbarin, Tomatenomelett als Frühstück und einer Anzahl an verschiedenen Beinbewegungsübungen, die für einen GU-Ratgeber ausreichen dürften, bin ich planmäßig um 07.20 Ortszeit am 25.02. gelandet.
Noch vor dem Aussteigen kamen die Quarantine officers, weil ein paar Passagiere ihre Verdauung nicht auf den Langstreckenflug vorbereitet hatten, und die Officers in ihren neongelben Schutzwesten überprüft haben, ob diese reisefiebrigen Leute eh nicht die spanische Grippe im Gepäck haben.
Mein Gepäck (ohne spanische Grippe und ohne zu verzollende Gegenstände) kam dann auch bald daher, und so bin ich - ohne meine Sachen durchleuchten lassen zu müssen, was ich mittlerweile darauf zurückführe, dass ich den Officer nicht richtig verstanden habe, der mich auf den Inhalt meines Gepäcks hin befragt hat – hinaus in das 25 Grad warme Sydney.

„It will be up to 30 degrees today, you’re lucky.“ sagte mein Shuttle-Driver, dem ich mich schräg gegenüber setzen wollte, was mir aber nicht gelang. Schließlich sitzt man in Australien hinter dem Fahrer, wenn man auf der rechten Seite einsteigt. (Auf welcher Spur soll man eigentlich fahren, wenn man auf einer dreispurigen Autobahn unterwegs ist, und dann langsamer als alle anderen fahren möchte? Ganz links? I don’t know it – yet.)

Nach einer ca. 45minütigen Fahrt durch den morgendlichen Stoßverkehr in Sydney (Do you have such traffic jams in Austria? Yes we have, but the difference is that we only have two lanes, not four.), bei dem ich einen ziemlich amerikanischen Eindruck von der Stadt bekommen habe, hat mich Bianca in meinem neuen Home in der Carlton Street empfangen.
Sie ist eine Freundin von Nicole (der jetzigen Praktikantin bei ÖW), die gerade mit ihrem Mann in Sachen Work & Travel in Australien unterwegs ist. Bianca hat mich den ganzen Tag wach gehalten und hat mit mir ein paar Essentials abgelatscht. Wir sind mit der Fähre in die Stadt, haben also eine Probefahrt auf meinem Arbeitsweg gemacht.

Der Jetlag und die Umgebung haben sich außerordentlich bemüht, mich dermaßen staunen zu lassen, dass ich nur kopfschüttelnd herumgelaufen bin. Kopfschüttelnd und schwitzend. Ich habe, aus Angst zu viel Freizeit-, Sport- und Beachklamotten einzupacken viel zu wenig Freizeit-, Sport- und Beachklamotten eingepackt. Aber diesen lack hab ich heute gleich mal kompensiert und mir zwei Shorts und zwei Paar des australischen Nationalschuhs gekauft: „Thongs“. Thongs sind im gewöhnlichen Englisch Stringtangas, aber die Aussies nennen ihre Flipflops so. Ohne Thongs unterwegs zu sein ist wie ohne Regenschirm durch Hamburg zu laufen.

Ach, Hamburg bringt mich gleich zur nächsten Anekdote. Am Freitag haben wir Nicole von der Arbeit abgeholt, da habe ich auch Katja Evans, die Teilzeitkraft kennen gelernt. „Am Dialekt müssen wir noch arbeiten.“ sagte sie zu mir, mit einer für meinen Geschmack etwas zu ernsten Miene. Ach herrje, am Dialekt muss ich noch arbeiten, wie soll ich das denn machen, wenn ich doch mein „Sprechen Sie Hamburgisch“ zuhause gelassen hab?

Heute war ich dann zum ersten Mal richtig at the beach. Wow! Erstmal zur Sonne in Australien: Dank der Sonnencrem im an dieser Stelle absolut nennenswerten Welcome-Package, das mir Mister Oliver Noffke, mein Bratwürste essender thüring’scher Spezi (I’m practicing my slang) mit ordentlich Sydney-Erfahrung (Oli, mein THANK YOU kommt gesondert), hier hinterlassen hat, bin ich nicht schön europäisch rot geworden, sondern schon ein bisserl (practicing further) braun. Ich war ganz erstaunt. Die Sonne in Europa ist eine Dynamo-betriebenen Fahrradlampe, die Sonne in Australien ist wie der Beleuchtungsapparat bei U2-Konzerten.
Und dann zum Wasser. Den Shark Alarm (Sirenen, und Warnungen in mehreren Sprachen „a shark was recorded“) hab ich leider um eine Viertelstunde verpasst, zwecks oben beschriebener Thongs. Da müssen alle Leute dann immediately raus aus dem Wasser, sonst wird der Bodewaschel immediatly sehr sauer. Ohne Surfboard kann man hier ohnehin nicht wirklcih weit raus, die Wellen haben eine derartige Wucht, das kann man sich als Mittelmeergewöhnter Europäer nicht wirklich vorstellen. Die reißen dich, bzw. dein Bikinioberteil oder wahlweise Hoserl, schon ordentlich runter. Aber es ist so lässig! Ich geh bei der Haustür raus, und bin binnen 5 Minuten am Strand. Neid ist angebracht. (Da hilft nur: selber ein Flugticket buchen und die Situation vor Ort begutachten.)

Meine 5er WG (Reda from Morocco, Christina from Russia, Marina from don’t-know-it-yet und Jaró from don’t-know-it-yet-either) ist bislang recht nett. Heute haben wir gemeinsam gegessen, Nicole hat Fajitas zum Farewell-Dinner gemacht, dazu gabs Corona, yummi and cheers. Ich fühl mich in meinem Zimmer ganz wohl, ein bisschen Holzapfel’schen Schick verträgt es aber in jedem Fall noch, aber das wird schon, mit der Zeit. Ein paar Dinge, die ich vor meinem Abflug bekommen habe, werden wesentlich zu diesem Schick beitragen.
Wenn ich mich über irgendwas beschweren möchte, dann ist es der Teppichboden. Der kann wahrscheinlich Geschichten über die Bewohner dieses Hauses erzählen, die mittlerweile schon in Rente sind. Vor diesem braun-graun-grünen Kunstfaserfell zucken meine zarten Fusserl (practice) doch eher zurück, und strecken sich nach den Thongs. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. I like it, to be here. Nice people, nice beach, nice weather, nice time.

So far so good. Der zweite Teil der Jet-Lag-Conter Therapie beginnt in den nächsten Minuten, ich leg mich jetzt hin, um meine reaktivierten Dialektausdrücke und meinen neu gewonnenen Englisch-Wortschatz sacken zu lassen. Pfiatgott und Byebye.

Nach diversen Beschwerden über die Länge meiner Einträge, oben rechts gibt’s immer aktuelle Fotos zu sehen. Enjoy reading and watching!

2 Kommentare:

  1. Julia, Subjekt-Verb-Objekt, das reicht doch in einem Satz. Hab grad Olli vorgelesen und muss nun erstmal an die Beatmungsmaschine. Der liegt grad Gesicht nach unten und deprimiert aufm Sofa, weil die Wellen hier aus Eis sind.

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  2. Wer Australien-Geschichten ohne verschachtelten Tiefgang haben möchte, der kann sich ja die gefühlte Staffel 32 des "Dschungelcamps" anschauen. Meine sophisticated Blog-Besucher vertragen das Anti-RTL-Format schon, umso mehr, wenn sie eine Beatmungsmaschine haben. Und jetzt hebst dem Olli sei Kopferl in d'Höh und schließt na auch ans Luftpumperl an, bevor er erstickt.

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