Man kann mir nicht vorwerfen, dass ich es nicht versucht habe. Zwei mal eine halbe Stunde, an zwei aufeinander folgenden Tagen hab ich mich hingesetzt und geschrieben. Dieser Ansatz war einfach zu gut, meine persönliche Halbzeit an der ja-wir-haben-gut-gespielt-aber-im-Fußball-gibt-es-nun-mal-keine-Haltungsnoten-1:2-Niederlage vom vergangenen Freitag aufzuhängen.
Zwei mal 30 Minuten, herausgekommen sind aber nie mehr als vier Einstiegssätze. Und die waren in etwa so varianten- und einfallsreich, wie die Sprechchöre der deutschen Fußballfans. Aus meiner fußballmetapherreichen Halbzeitanalyse ist also nix geworden. Es soll halt nicht sein, Österreich(erin) und Fußball(vergleiche), das ist wie Skifahren und Holland. Deshalb muss ich mich von diesem, meine Blogeinträge (wenn nicht sogar seit eineinhalb Jahren mein Leben) beherrschenden Klischee für den folgenden Beitrag verabschieden.
Fußball interessiert hier nämlich keinen Menschen. Wirklich keinen Menschen. Was hier zählt ist Football und Rugby. Wenn man von den Regeln so wenig Ahnung hat wie ich, dann unterscheidet sich Fußball, Football und Rugby aber nicht großartig. Der rhetorische Reichtum der Spieler zum Beispiel ist sportartübergreifend ziemlich ident niedrig. (Ich weiß, deswegen sind sie ja auch Fußballspieler, bzw. Rugbyspieler und keine Nachrichtensprecher, aber wenn ich schon das Österreich-Deutschland-Klischee nicht bedienen kann, dann wenigstens das Profisportler-Grammatikfehler-Vorurteil). Am kommenden Montag ist hier das zweite der drei State of Origin Rugby Matches. In der Best-of-Three-Serie spielt Queensland gegen New South Wales und ganz Australien ist in Aufruhr. Für mich persönlich sind die knackigen Beine in den kurzen Hosen (Europäische Fußballigen, nehmt euch ein Beispiel!) ja das interessanteste – und dass es nach dem Spiel überhaupt noch Überlebende gibt. Warum? Das erklärt die folgende Bildergalerie vom ersten der drei Matches 2011.
Sich über andere Sportler lustig machen, aber selbst daheim auf dem Sofa sitzen und nichts bewegen, außer die Blogeintrag tippenden Finger – genau, das hab ich mir auch gedacht. Und mich deswegen fröhlich und naiv zum City2Surf-Run angemeldet. Das ist der größte Volkslauf der Welt. Über 80.000 Wahnsinnige sind da wohl letztes Jahr mitgerannt. Je nach sportlichen Ambitionen gibt es verschiedene Startgruppen, manche mit und manche ohne Timelimit. Der Oz-Apfel denkt sich natürlich, wenn schon, denn schon. Meine Startgruppe: 110 Minuten für 14 Kilometer aus der City zum Bondi Beach. Ich habe keine Ahnung ob sich das ausgeht (österr. f.: zeitlich klappen), das wird sich am 14. August herausstellen. Bis dahin erhalte ich jede Woche einen elektronisch erhobenen Zeigefinger: „City 2 Surf - Only 10 weeks“ hieß es diese Woche in meiner Mailbox.. Aber vielleicht hab ich ja ähnliche Laufqualitäten wie meine rasenden Landsmänner, die von der Süddeutschen Zeitung nach der ja-unverdient-aber-knapp-daneben-ist-auch-vorbei-Niederlage wie folgt beschrieben wurden: "Die halbe [österreichische] Mannschaft schien sich einen Sprintwettbewerb zu liefern, und es wirkte, als lägen die 100-m-Zeiten der Österreicher knapp unter neun Sekunden."
Jedenfalls habe ich meinen Wecker jetzt wieder eine Stunde früher gestellt, auf 06.10 Uhr, wie zu Manly-Zeiten. Die Quote, wie oft ich tatsächlich aufgestanden bin, liegt derzeit bei 50%. Montag: aufgestanden. Dienstag: liegengeblieben. Ziemlich genau, wie die österreichiche Trefferquote im Vergleich zur deutschen, am vergangenen Freitag. Ach, ist man mal weit weg von der Heimat, wird man durch und durch zur Patriotin.
Wie soll es aber auch anders sein? In der Arbeit (österr. für.: Auf der Arbeit) umgeben von Mozartkugeln, Salzburgprospekten, Wienstadtplänen und Skiliftpreislisten, in der Freizeit konfrontiert mit dem eigenen Anspruch, meinen persönlichen Österreich-Deutschland-Australien-Mix ziemlich lückenlos in jeden Blogeintrag hineinzupressen. Aufhören jetzt, mit dieser indifferenzierten Weiterverbreitung von Klischees, sofort. Schließlich sollte dieser Beitrag eine Analyse meiner ersten Australienhalbzeit sein. Das ist ordentlich in die kurze Rugbyspielerhose gegangen. Genauso, wie der erste Sieg für Österreich gegen Fußballdeutschland seit 1986.
Philipp aus Oschttirol hatte im Übrigen eine Bar dawuschen, die das Spiel sogar übertragen hätte. Ich stand schon davor, um 4.15 Uhr morgens, gleich nach dem letzten Cider und meinen Freunden, die mich und meinen Patriotismus kurz vorher alleine im Three Wise Monkeys sitzen haben lassen. Als mich der Türsteher jedoch um 20 Dollar Eintritt gefragt hat, ist dann auch noch mein Patriotismus ziemlich schnell verschwunden und ich bin dann, während sich die österreichische Nationalmannschaft einen Sprintwettbewerb geliefert hat, in eher australischem Tempo nachhause getorkelt.
PS: Setzen, 5. Am Thema vorbei. Dass Blue-Tack, das Vivid-Festival, und BYO-BBQ nicht die einzigen Dinge sind, warum ich Australien mittlerweile absolut großartig finde, darüber schreibe ich, sobald ich über die vier Einstiegssätze hinauskomme. In der Zwischenzeit könnt ihr euch ja bildhaft durch die Ereignisse der letzten Wochen klicken, undzwar hier und hier.
Hoffentlich bleibst du hier bis zum Sommer Julia - dann kannst etwas von Cricket sehen and darueber schreiben :-) PatrickP
AntwortenLöschenHoffentlich kommst du bald wieder ins schöne Hamburg, was gegen Sydney natürlich wie ein zugestaubtes Dörflein wirken muss, wo du aber sehnlichst zurück erwartet wirst ;)
AntwortenLöschenP.S.:
Liest du eigentlich noch deine Mails?!!!!
Habe langsam das Gefühl ich führe darübe Mailnologe ;)
Liebste Grüße, eine luftraubende Umarmung und nen dicken Knutscha
;)Sarah;)
Fußball, Rugby und Footie als sich wenig unterscheidend zu bezeichnen... ich bin tief erschüttert.
AntwortenLöschen...Und überlege ob ich was zum Skifahren sage (nach dem Motto: Slalom, Super G, ist doch alles gleich öde)
Ein völlig geschockter, Oliver
P.S. Ich erkläre dir gern die Regeln aller Sportarten in gebürender Länge und einfacher Sprache
Danke Julia. Voll zum Geburstag fertigworden, und i hab es erst jetzt gelesen weil i ziemlich busy war in letzter Zeit. Hab jetzt mal a Jahr verlängert hier drüben. Wie schauts da bei dir aus. Hört sich an als würds dir da gefallen. Und schimpf nicht über unsre Sportler. Hast des des Top Jubelfoto von Jürgen und Co net gesehen... RICHTIGE MÄNNER :-) Gruss aus Chicago,IL
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